Lyrikempfehlung »das wort beim wort genommen« von Philipp Luidl

Die Straßen von Augsburg und Berlin sind leer, die Welt dreht sich ein bisschen langsamer. Wer in diesen Tagen auf der Suche nach einem ist, der die Stille zu vertonen weiß, dem sei Philipp Luidl (1930–2015) empfohlen. Der Typograph und Lyriker Luidl gehörte selbst zu den »Stillen im Lande«, wie kürzlich Michael Krüger in seiner Begründung für die Lyrikempfehlungen 2020 befand.

Das sind gute Nachrichten, die trotz abgesagter Buchmesse verkündet wurden: »das wort beim wort genommen« wurde dieses Jahr in die Auswahl aufgenommen, die das Haus für Poesie, das Lyrik Kabinett und der Deutsche Literaturfonds gemeinsam mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung kuratiert. Der Band versammelt rund 150 Gedichte von Philipp Luidl: eine Auswahl aus Maro-Ausgaben, aus »Akzente«, aus dem Band »Himmel Erde Seenland« sowie viele Werke aus dem Nachlass.

ICH darf nicht müde werden
zu warten
ich habe vergessen worauf

Als ich dich
in den armen hielt
wusst ich es noch

Aber dann kam der hagel
pochte an die vergänglichkeit

Jetzt pflücke ich schnee
jetzt sehe ich das eis blühen

Krügers Worte über Philipp Luidl scheinen wie für die Quarantäne geschrieben: Luidl habe sich Zeit genommen um diese 176 Seiten zu füllen; Zeit für langes, andauerndes Schauen, Zeit für das genaue Zuhören. Das hat fast zeitgleich auch die Süddeutsche erkannt und empfiehlt Luidls »Nachsinnen über Werden und Vergehen« als »Literatur für lange Tage«. Und Birgit Böllinger hat Philipp Luidl auf ihrem Blog Sätze & Schätze einen Platz im Lyrikraum eingerichtet. Seinen Zeilen würde man zwar anmerken, dass sie jemand schreibt, der sich aufs Gehen vorbereitet, sie seien aber nicht sentimental, sondern »voller gelassener Zurückhaltung«.

Wir freuen uns sehr über das Presseecho zu diesem kleinen himmelblauen Buch für die lyrische Manteltasche. Sehr schön ist außerdem, dass man Luidls Worten nun auch mit den Ohren nachsinnen kann: Kürzlich sprachen Maria-Christina Piwowarski und Ludwig Lohmann im Podcast blauchschwarz Berlin über Luidls Gedichte. Ihr Urteil: »Reduziert, bestechend einfach, kein Verführen durch Wortakrobatik« – vielleicht ist »das wort beim wort genommen« also genau die richtige Wahl für die lyrische Hausapotheke dieser Tage.

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