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Esther Dischereit
Ein Haufen Dollarscheine
Roman
Traurig, empörend, unerhört und, wenn die Tante sich die klebrigen Kekse aus der Flughafenlounge in die Tasche stopft, auch komisch, wie Filmschnitte aus einem nicht geplanten Drehbuch. »Ein Haufen Dollarscheine« ist ein verrücktes Familienszenario zwischen Berlin, Chicago, Heppenheim, Rom und wieder zurück.
»Mit brutaler Klarheit und messerscharfer Sprache erzählt Esther Dischereit eindrücklich, was Deutsche lieber vergessen würden. Diese Geschichte ist eine Zumutung. Alle sollten sie lesen.« Hengameh Yaghoobifarah
»Ich sehe in diesem reichen Buch eine jüdische Variante des Rubens’schen Engelsturzes. Dieses Buch ist schwer und leicht zugleich, das ist eine große Kunst.« Elfriede Jelinek
Die Frau mit dem blumengemusterten Kleid erhebt sich endlich aus ihrem Bett. In der Hitze des Zimmers bleibt ihre Vergangenheit wie in Schwaden stehen: die Vergangenheit eines versteckten jüdischen Kindes. »Immer wieder taucht jemand auf und soll zu uns gehören«, murmelt ihre Schwester. Der Thanksgiving-Truthahn in Chicago verschluckt das Schwarze Amen ihres Mannes, der für die Kinder Palästinas um Frieden betet, während am anderen Ende des Tisches mit einem weißen Amen eine Danksagung an den amerikanischen Präsidenten gesprochen wird. Der nunmehr jüdisch-orthodox bekennende Sohn nennt seine Mutter Closet-Jew. Gojische Partner*innen der zweitverheirateten Überlebenden eignen sich deren »Wiedergutmachung« an, und schließlich weigert sich auch der russische Rabbiner, das Vorkriegsgrab in Berlin-Weißensee zurückzugeben.
Esther Dischereit
Esther Dischereit lebt in Berlin. Sie schreibt Prosa, Lyrik und Essays und ist Autorin von Theater- und Hörstücken. Mit »Joëmis Tisch. Eine jüdische Geschichte« und »Übungen jüdisch zu sein« wurde sie eine der wichtigsten literarischen Stimmen unter den Nachkommen der Shoa-Überlebenden in Deutschland. 2009 erhielt sie den Erich-Fried-Preis. Als Professorin lehrte sie an der Universität für angewandte Kunst in Wien, 2019 als DAAD Chair in Contemporary Poetics an der New York University.«
Presse
»Esther Dischereit beweist sich mal wieder als eine Meisterin der genauen Beobachtung. Mit brutaler Klarheit erzählt sie eindrücklich, was Deutsche lieber vergessen würden. Diese Geschichte ist eine Zumutung. Alle sollten sie lesen.«
»Ich sehe in diesem unglaublich reichen Buch eine jüdische Variante des Rubens’schen Engelsturzes. Menschen, Familien werden geteilt in Untergattungen, die sich selbst ständig verteidigen und, noch schlimmer, definieren müssen. Entweder steigen sie ans Licht empor, oder sie fallen schreiend ins Nichts, manchmal schreien sie sowieso, auch ohne Grund, was sie nicht tun sollten, sie sollen lieber leise sein, die Voll-, die Vaterjuden, die Halbjuden, die Vierteljuden, egal, wer auch immer sie sind, sie haben offenbar die Pflicht, für ihre eigene Existenz einzustehen, da es kein andrer tut: Wer sind wir, wer will uns? Früher hat man es uns gesagt, was wir dann am eigenen Leibe erleben mußten. Wer sagt es uns heute? Wollen wir nur einander, was unsere Abhängigkeit (und da geht es buchstäblich ans Leben!) von anderen, von der Mehrheit, auch wieder nur verstärkt? Das ist eine zusätzliche Last, die jüdischen Menschen aufgebürdet wird. Sie müssen sich immer für sich selbst rechtfertigen, weil es sonst die andern tun. Wer ist Befreier, wer Unterdrücker? Wer ist so liebenswürdig, daß er überhaupt leben darf? Wer ist liebenswürdig und darf trotzdem nicht leben? Oder am liebsten woanders? Irgendjemand wird sich das noch überlegen. Wer hier bleibt, wird Vorbild für Gedenkveranstaltungen, er muß sich dafür aber vorbildlich verhalten. Wer hat dann wieder die Zores? Das alles wird über die Menschen verhängt, und nicht nur von der Geschichte. Jüdische Menschen werden sozusagen immer auf ihren Anfang zurückbezogen, notfalls zurückgebogen, die sind immer so störrisch, und dann wieder vom Ende her auf jeden andren Tag, jedes andre Ereignis. Uns müssen sie gefallen, das ist am wichtigsten. Was ist aus ihnen geworden, wenn überhaupt etwas aus ihnen werden durfte? Das ist schwer zu (er)tragen. Dieses Buch ist schwer und leicht zugleich, das ist eine große Kunst.«
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